Ein Projekt der Friedenauer Gemeinschaftsschule und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.

Was passierte in Schöneberg in der Zeit des Nationalsozialismus? Wie haben sich die Menschen verhalten, die früher hier lebten? Gab es Menschen in der Umgebung der Friedenauer Gemeinschaftsschule, die sich gegen die Diktatur und die nationalsozialistischen Verbrechen gewehrt haben? Wer waren sie? Auf welche Art und Weise haben sie Widerstand geleistet? Wie wird an sie erinnert? 

Schüler*innen der Friedenauer Gemeinschaftsschule begeben sich über mehrere Wochen auf Spurensuche im Umfeld ihrer Schule. An historischen Orten setzen sie sich mit Aspekten der nationalsozialistischen Diktatur auseinander.

Die Schüler*innen begegnen den Geschichten von Menschen, die aus verschiedenen sozialen Milieus in Schöneberg kamen und die die Zeit des Nationalsozialismus auf unterschiedliche Weise erlebten: Unter ihnen sind Menschen, die der Verfolgung ausgesetzt waren, weil sie politische Gegner*innen der Nationalsozialisten waren oder als Juden und Jüdinnen nicht in das rassistische Weltbild des Regimes passten. Manche Schöneberger*innen versuchten, sich gegen die menschenverachtende Politik der Nationalsozialisten zu wehren.

Nur wenige Menschen haben Widerstand geleistet – sie stehen im Mittelpunkt dieses Projekts. Über die Erarbeitung von Biografien lernen die Schüler*innen unterschiedliche Menschen kennen, die in Schöneberg im Widerstand aktiv waren. Sie entdecken verschiedene Formen des Widerstands und Handlungsspielräume, die es für Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur gab.

Die historische Erkundung des gegenwärtigen und vertrauten Stadtraums ermöglicht auch, über Verbindungen von Vergangenheit und Gegenwart zu sprechen. Fragen zur Erinnerung und zur Bedeutung der NS-Geschichte für uns heute können diskutiert werden.

Während des Projekts entwickeln die Schüler*innen einen Rundgang im Schulumfeld zu Orten des Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Abschließend führen sie diesen Rundgang für Mitschüler*innen, Eltern oder Lehrer*innen durch. Sie erstellen eine Karte zum Rundgang, die auch später an der Schule verwendet werden kann.

Das Projekt wird begleitet von Dr. Christian Discher und Marén Letze sowie den Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte Deutscher Widerstand. Es läuft von Anfang Oktober bis Anfang Dezember 2018. Termine finden in der Schule, im Schulumfeld und an außerschulischen Lernorten, z.B. in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, statt.

Barrierefreie Gesellschaft? – Workshop am 18. Januar 2019

Die Ampel mit Blindenzeichen gibt ein Vibrationssignal wieder.

Am 18. Januar 2019 hat Herr Schmidt, der Hilfsmittelreferent und Koordinator der medizinischen Vortragsreihe Blickpunkt Auge, vom Allgemeinen Blinden und Sehbehindertenverein Berlin gegr. 1874 e. V., der ältesten Selbsthilfeorganisation der Blinden und Sehbehinderten, für die Grundstufe der Friedenauer Gemeinschaftsschule ein Treffen mit Frau Haman organisiert. Frau Haman gewährte Einblicke in ihren Lebensalltag, erklärte beispielhaft ausgewählte Hilfsmittel für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung und diskutierte am Ende des Workshops mit den Kindern über Barrieren in der Gesellschaft.  Die Friedenauer Gemeinschaftsschule dankt recht herzlich für dieses professionelle Angebot und freut sich über eine Fortsetzung der Zusammenarbeit.

Unter dem Link werden thematisch häufig gestellte Fragen beantwortet.

Dr. Christian Discher

Bienfluencer*innen auf Instagram

Auf dem Bild steht in roter Schrift Lernen durch Engagement.

In Vorbereitung auf die Veröffentlichung der Aufklärungskampagne “Wir retten die Bienen” fand am 11. Januar 2019 in Kooperation mit der Stiftung Lernen durch Engagement- Service Learning in Deutschland ein Workshop  statt. Die Schüler*innen verglichen diverse Bienenfluencer-Profile miteinander, um die gesellschaftliche Funktion von Social Media und Instagram zu verstehen, lernten die Bedeutung relevanter Fachterminologien kennen und diskutierten datenschutzrelevante Szenarien.

Für die professionelle Zusammenarbeit bedankt sich die Friedenauer Gemeinschaftsschule bei der Stiftung Lernen durch Engagement recht herzlich.

Dr. Christian Discher

Zeitzeugengespräch mit der Tochter von Erika Gräfin von Brockdorff: 27. November 2018

Am 27. November 2018 dürfen wir Saskia von Brockdorff, die Tochter von Erika Gräfin von Brockdorff, als Zeitzeugin in der Sekundarstufe der Friedenauer Gemeinschaftsschule begrüßen.

Die 1908 in Kolberg geborene Erika Schönfeldt ist seit 1929 als Hausangestellte, später als Stenotypistin in Berlin tätig.Seit Frühjahr 1941 arbeitet sie wie Elisabeth Schumacher in der Reichsstelle für Arbeitsschutz. Durch die Heirat mit dem bildenden Künstler Cay von Brockdorff 1937 kommt sie in den Kreis von Gegnern des NS-Regimes, der sich um den Schauspieler Wilhelm Schürmann-Horster gebildet hat. Seit 1939 nehmen auch Hans Coppi, Karl Böhme und Wolfgang Thiess regelmäßig an diesen Gesprächen teil. 1941 entsteht eine engere Verbindung zum Freundeskreis um Hans Coppi, der im selben Jahr ein Funkgerät bei ihr unterstellt und dieses dort mit Karl Böhme und Kurt Schulze reparieren will. Im Sommer 1942 bietet Erika von Brockdorff dem Fallschirmspringer Albert Hößler Quartier und Unterstützung bei seinen Funkversuchen. Am 16. September 1942 wird sie festgenommen und am 19. Dezember 1942 zu einer zehnjährigen Zuchthausstrafe verurteilt, die wenig später in einer neuen Verhandlung zur Todesstrafe umgewandelt wird. Erika von Brockdorff wird am 13. Mai 1943 in Berlin-Plötzensee ermordet. (Text: Gedenkstätte Deutscher Widerstand)

Zeitzeugengespräch mit Petra und Franz Michalski

Bild von Petra und Franz Michalski

Auf Initiative der AG Begabungsförderung wurden Frau und Herr Michalski am 5. November 2018 als Zeitzeugen in die Grundstufe der Friedenauer Gemeinschaftsschule eingeladen. Schnell füllten sich in der Aula die 80 Sitzplätze mit Schüler*innen aus der Grund- und Sekundarstufe, die in Begleitung ihrer Erzieher*innen, Eltern und Lehrkräfte gekommen waren.

Es wurde ruhig und der siebenjährige Joona B. eröffnete die Veranstaltung mit den Worten: „Wir begrüßen Petra und Franz Michalski. Sie sind die Großeltern des Jungen, der wegen seines jüdischen Glaubens an der Sekundarstufe unserer Schule monatelang beleidigt und attackiert wurde.“ Sodann berichtete er davon, auf welche Weise sich die Schüler*innen bisher mit dem Thema Antisemitismus und der Rolle der „Stillen Helden“ auseinandergesetzt hatten.

Um „Stille Helden“ und deren Taten sollte es auch in den kommenden neunzig Minuten gehen. Frau Michalski erhob sich und begann über die Erinnerungen ihres Ehemannes aus der Zeit des Nationalsozialismus zu sprechen. Festgehalten hat der als Sohn einer jüdischen Mutter und eines katholischen Vaters geborene Franz Michalski diese in seinem Werk: Als die Gestapo an der Haustür klingelte: Eine Familie in „Mischehe“ und ihre Helfer [1]

Durch die nachdrücklichen Schilderungen und die in der Aula auf Tafeln aufgehängten Bilder, auf denen die Familienangehörigen, relevante Orte und einzelne Helden ihrer Überlebensgeschichte abgebildet waren, konnten Petra und Franz Michalski den Schüler*innen verdeutlichen, inwieweit sich die antijüdische Politik und die mit ihr verbundenen Restriktionen gegen Juden in der Bevölkerung immer weiter intensivierten und die zutiefst erschütternden Erfahrungen aus jener Zeit für die Betroffenen noch bis in die Gegenwart nachwirken.

Die Zeitzeugenberichte der Familie Michalski dienten nicht nur dem Erinnern an die Verbrechen, die im Nationalsozialismus zum Holocaust und der Ermordung von sechs Millionen Juden führten, sondern gaben sie Anlass dazu, uns die zunehmende Gewalt und Diskriminierungen gegen Juden in Europa zu vergegenwärtigen, die in Verbindung mit dem Erstarken antisemitischer Strömungen stehen.

Am Ende der Veranstaltung verlas Franz Michalski die Namen seiner „Stillen Helden“: Alfons Thienelt, der Polizist; Erna Scharf; Gerda Mez; Marquis de Respaldizza; die Hoteliers, Horst Schneider und Herr Hetschel. Diesen Menschen haben Franz Michalski und seine engsten Familienmitglieder ihr Überleben zu verdanken. Als “Gerechte unter den Völkern” sind in Yad Vashem geehrt worden: Gerda Mez, Erna Raack und ihre Eltern Ida und Ernst Scharf. Die anderen Helfer waren zur Zeit der Ehrung leider nicht mehr auffindbar.

„Im Nachgang möchten wir, Petra und Franz Michalski, betonen, dass es auch in schlimmsten Zeiten möglich war, in Not geratenen Menschen zu helfen, wenn man Mut, Klugheit und Nächstenliebe besaß. Wir hoffen, dass die heutige Jugend die Zeichen der Zeit erkennt und beobachtet und rechtzeitig gegen jede Form von Ungerechtigkeit protestiert.”

Wir empfinden große Achtung und Anerkennung davor, dass Frau und Herr Michalski am 21. Januar 2019 erneut als Zeitzeugen vor der Schülerschaft der Friedenauer Gemeinschaftsschule sprechen werden.

Dr. Christian Discher

[1] Herausgegeben von Barbara Schieb: METROPOL Publikationen der Gedenkstätte Stille Helden, Band 3.