Meine Kollegin Andrea Jäger und ich übernehmen im Schuljahr 2019/20 das Amt der Beauftragten für sexuelle Vielfalt. Um der Individualität jedes Menschen gerecht zu werden, planen wir zu den bereits bestehenden Angeboten in Zusammenarbeit mit dem Team der Bildungsinitiative Queer Format Maßnahmen und konkrete Handlungsoptionen zur Implementierung lesbischer, schwuler, trans- und intergeschlechtlicher Lebensweisen. Wir freuen uns über diese Unterstützung.
Andrea Jäger & Dr. Christian Discher
“Ist das nicht ein privates Thema? Warum soll ich in der Schule über Homosexualität sprechen? Ich rede ja auch nicht andauernd über mein Sexualleben und meine sexuellen Vorlieben?” (Kommentar eines heterosexuellen Lehrers in einer Fortbildung zum Thema sexuelle Vielfalt)
Ja, die sexuelle Orientierung und auch die Geschlechtsidentität eines jeden Menschen sind eine private und persönliche Angelegenheit. Aber die entscheidende Frage ist: Wer thematisiert sie wann und in welchem Zusammenhang? Sind nicht die Liebe von “Romeo und Julia” oder “Die Leiden des jungen Werther” auch private Angelegenheiten? In der Schule wird sehr häufig über Heterosexualität gesprochen- und zwar in allen Unterrichtsfächern, in den Pausen und auch im Kollegium .
Doch die heterosexuelle Lebensweise von Romanfiguren oder realen Personen wird nicht ausdrücklich mit dem Wort “heterosexuell” markiert und benannt, sie wird als “normal” empfunden- Wer als “normal” gilt, bleibt ohne Benennung. So wird auch Heterosexualität als Lebensweise nicht direkt benannt, obwohl sie in sämtlichen Bildungseinrichtungen allgegenwärtig ist und als gesellschaftlich erwünschte Lebensweise vermittelt wird. […] In einer Berliner Studie stellte sich heraus, dass nur ca. ein Drittel der Schüler_innen mitbekommen hat, dass die Klassenlehrkraft jemals über Schwule oder Lesben gesprochen hat.
Ein Grund für diese Unsicherheit ist die Sexualisierung von LGBTI-Lebensweisen. Viele Personen assoziieren bei dem Wort Homosexualität zuerst oder sogar ausschließlich den Begriff “Sex” und sexuelle Praktiken. Es geht jedoch bei Homosexualität und Bisexualitität genauso viel oder wenig um sexuelle Handlungen wie bei Heterosexualtität. Bei einigen Menschen haben diese sexualisierten Bilder im Kopf eine so große Präsenz, dass ihnen eine inhaltliche Beschäftigung mit der gesellschaftlichen Diskriminierung bzw. Privilegierung von Lebensweisen kaum möglich ist.
Textauszug Bildungsinitiative Queer Format: Wie sie vielfältige Lebensweisen an Ihrer Schule unterstützen können: “Schwule Sau!”, “Du Transe!”, “Kampflesbe!”- Was tun bei Beschimpfungen und diskriminierenden Äußerungen? S. 5-6